Karlsruhe/Oldenburg/Leer - Die Spitzengastronomie in Deutschland befindet sich seit Jahrzehnten im Aufschwung. Die Zahl der Restaurants, die vom Gourmetführer „Guide Michelin“ mit ein, zwei oder drei Sternen ausgezeichnet werden, nimmt von Jahr zu Jahr zu. Ob sich der Trend fortsetzt, wird die bei Feinschmeckern mit Spannung erwartete Veröffentlichung der Ausgabe 2018 am Dienstag zeigen. Vorab gilt wie immer höchste Geheimhaltung.

Der Direktor des „Guide Michelin“ Deutschland/Schweiz, Ralf Flinkenflügel, verrät zumindest, dass sich der seit einigen Jahren etablierte Trend zum casual fine dining fortsetzt. Das heißt: Viele Sterne-Restaurants verzichten inzwischen auf weiße Tischdecken und formelle Atmosphäre. „Immer mehr Restaurants haben diese Steifheit rausgenommen“, sagt der 52-Jährige. „Sie schaffen den Gästen eine Atmosphäre, in der sie sich wohler fühlen. Es ist schön, dass der Gast die Möglichkeit hat zu wählen.“

Weiter auf dem Vormarsch sind regionale Küche und vegetarische oder vegane Gerichte auf den Speisekarten. Ob die Sterne-Küche hier gesellschaftlichen Entwicklungen nur folgt oder sie mit antreibt, ist offen. Auch ein weiterer Trend bleibt ungebrochen: „Junge Küchenchefs setzen weiter Impulse“, sagt Flinkenflügel.

Der „Guide Michelin“ 2018 verabschiedet eine Ikone der deutschen Sterne-Gastronomie in den Ruhestand. Nach einem Vierteljahrhundert ununterbrochener Auszeichnung mit drei Sternen ist der 62-jährige Harald Wohlfahrt nicht mehr vertreten.

Die Übergabe an seinen langjährigen Sous-Chef und Nachfolger im Gourmetrestaurant „Traube Tonbach“ in Baiersbronn im Schwarzwald, Torsten Michel, verlief allerdings mit unschönen Nebengeräuschen und einem Arbeitsrechtsstreit.

„Man kann vor ihm nur den Hut ziehen“, sagt Flinkenflügel. Was Wohlfahrt in 40 Jahren in der „Traube Tonbach“ geschaffen habe, sei eine ganz hervorragende Leistung. Etwa die Hälfte der Drei-Sterne-Köche in Deutschland habe seine Schule durchlaufen. „Er ist eine ganz wichtige Persönlichkeit, die die deutsche Gastronomie nach vorne gebracht und mitgeprägt hat.“

Ob es eine Art Nachfolger in der Szene gibt, werde sich erst in den nächsten Jahren herauskristallisieren.

Neun Restaurants in Niedersachsen durften sich 2016 mit Sternen schmücken. Damit hielt die Spitzenküche in dem Bundesland das Niveau des Vorjahres. Das „Saphir“ in Wolfsburg verlor einen Stern, hatte aber immerhin noch einen. Das „La Vie“ in Osnabrück und das „Aqua“ in Wolfsburg erhielten auch in der Ausgabe 2016 die höchste Bewertung mit drei Sternen.

Das Comeback des Jahres feierte das „Apicius“ im Jagdhaus Eiden in Bad Zwischenahn (Landkreis Ammerland). Von 1981 an hatte das Gourmet-Restaurant bis auf zwei Ausnahmen bis 2012 jeweils einen Stern. Im November 2012 wurde es geschlossen. Nach der Wiedereröffnung im Herbst 2014 hatte es lediglich an einem Tag der Woche, seit April 2015 wieder von mittwochs bis sonnabends geöffnet. Das rief die Gourmet-Kritiker auf den Plan – der Lohn war 2016 ein Stern.

Seinen Stern verteidigen konnte im letzten Jahr Koch Christian Richter aus Leer („Perior“). Richter hatte 2012 im Alter von 28 Jahren erstmals die Auszeichnung erhalten. Ein weiterer Stern blieb in Ostfriesland: Das Restaurant „Seesteg“ auf Norderney wurde ebenfalls ausgezeichnet.

Sterne funkeln außerdem noch über „Keilings Restaurant“ in Bad Bentheim, dem „La Fontaine“ in Wolfsburg und über dem Gourmet Restaurant im Schlosshotel Münchhausen in Aerzen.