Friesoythe - In der Mitte des überschaubaren Raumes, dessen himmelblaue Wandfarbe eine vertraute Atmosphäre schafft, steht ein massiver, dunkelbrauner Holztisch. An ihm gereiht stehen nicht weniger wuchtig wirkende Holzstühle. Sie versprühen den Charme aus einer anderen, vergangenen Zeit. Ist die Tür geschlossen, bleiben Schnelllebigkeit und der Drang danach, immer erreichbar zu sein draußen. „Hier sehen Sie keine Computer und hören kein Telefon“, sagt Dr. Jutta Engbers. Sie erzählt auch, dass in diesem Raum eine Sprache gesprochen wird, die sich in ihrem Dasein immer wieder behaupten muss: Plattdeutsch.
Anwältin auf Platt
„Düster Nacht“ ist die Fortsetzung des ersten plattdeutschen Krimis unserer Zeitung: „Düsterwater“, den Dr. Jutta Engbers mit Mitgliedern des Spieker Schrieverkrings verfasst hatte. Den zweiten Krimi hat sie mit Hanna Harders als Hauptautorin zusammen verfasst.
Der Krimi spielt unter anderem in Elisabethfehn, Friesoythe, Oldenburg und im Pestruper Gräberfeld in Wildeshausen, wo eine kopflose Leiche auftaucht. In diese Rolle ist Engbers eingeschlüpft.
Erscheinen wird er ab dem 20. August in 15 Folgen bis zum 6. September in unserer Zeitung.
Neuer Krimi
Aber das ist nicht alles. Jutta Engbers Herz schlägt fürs Schreiben. Neben einer Fülle an Fachliteratur – die sie sowohl auf Hochdeutsch, Plattdeutsch und Englisch verfasst – schreibt sie Gedichte, Romane und auch Krimis – allerdings nicht immer allein. Sie ist Teil des Schrieverkrings Weser-Ems, ein Zusammenschluss niederdeutscher Autoren, die „als Hobby“ Geschichten schreiben.
Schnellen Schrittes kommt Jutta Engbers zur Tür herein. Mit jedem Schritt übertönt ein dumpfes Knarren des Bodens für einen kurzen Moment die Ruhe des Raumes. Sie setzt sich ans Ende des massiven Holztisches.
Trotz ihrer zierlichen Statur, wirkt sie dabei keinesfalls verloren. Vor ihr liegt eine transparente Mappe, aus der eine unsortierte Ansammlung loser Blätter herauszufallen droht. Gezielt schnappt sie nach einem handgeschriebenen Notizblatt, zieht es mit einem Ruck heraus. „So haben wir unseren Krimi geschrieben – nicht mit irgendeinem Schreibprogramm am Computer“, sagt sie, als könne sie es selbst fast nicht glauben. Die Rede ist von ihrem jüngsten plattdeutschen Werk „Düster Nacht“, das sie zusammen mit Hanna Harders geschrieben hat.
Dass Jutta Engbers gebürtig gar nicht aus Friesoythe kommt, wirkt überraschend. Als Tochter einer Frankfurterin und eines Schwaben ist sie in der Region um Hannover aufgewachsen und hatte bis zu ihrem Studium in Greifswald keine Berührungspunkte mit Plattdeutsch – bis sie ihren Mann Martin traf. „Per Zufall habe ich dann angefangen, Niederdeutsch zu studieren“, sagt sie, als wäre es das Selbstverständlichste auf der Welt.
Ihre Integrattion
Was Jutta Engbers als einen Zufall beschreibt, hat rückblickend maßgeblich zu ihrer persönlichen Integrations-Geschichte beigetragen. Mit ihrem Mann ist sie in den 1990er Jahren auf einem Markt in Greifswald einkaufen. Die beiden stehen vor einer Käsetheke und unterhalten sich. „Warum sprechen Sie Platt?“, fragt eine Dame völlig entrüstet. Es ist Prof. Dr. Renate Hermann-Winter, die zu der Zeit den Lehrstuhl für Niederdeutsch an der Universität Greifswald besetzt. Durch sie lernt Jutta Engbers Plattdeutsch später auf einer wissenschaftlichen Ebene kennen.
Neben der Mappe liegt ein Stapel einiger ihrer Werke. Sie löst ihre verschränkten Hände und klopft auf eines der Bücher. „Es ist eine Geschichte von Integration“, sagt sie – die ganz persönliche Geschichte ihrer Integration in Friesoythe. Und auch ihre Geschichte davon, wie sie mit anderen Menschen an diesem Holztisch sitzt – an dem ihr die Menschen wiederum ihre ganz persönlichen Geschichten erzählen. Auf Plattdeutsch.