Berlin - Die schwarz-rote Bundesregierung kann nach langem Streit den Schlussstrich unter eines ihrer weitreichendsten Vorhaben ziehen: die Reform der Grundsteuer.

Der Bundesrat räumte am Freitag mit seinem zustimmenden Votum letzte Unsicherheiten aus. Einstimmig gab die Länderkammer auch ihr Plazet für die damit verbundene Grundgesetzänderung, für die es generell einer Zweidrittelmehrheit bedarf. Mit dieser Entscheidung kann die Politik das Gebot des Bundesverfassungsgerichts einlösen, das einen Beschluss bis Ende 2019 verlangt hatte.

Die Reform trifft praktisch jeden in Deutschland: die zig Millionen privaten Haushalte, die die Steuer über die Miete mitzahlen müssen, wie die Eigentümer von rund 35 Millionen Häusern und Grundstücken im Lande. Allerdings: Zu spüren bekommen sie alle die Neuregelung erst ab 2025. Bis dahin gilt die gegenwärtige Praxis. Die war vom höchsten deutschen Gericht 2018 in Teilen für verfassungswidrig erklärt worden, weil sie sich an jahrzehntealten Einheitswerten für Grundvermögen orientiert.

Finanzminister Olaf Scholz (SPD) äußerte sich erleichtert. „Das ist ein guter Tag für unsere Kommunen, es gibt wieder eine faire und verfassungsfeste Grundsteuer in Deutschland“, sagte er.

Mit der Reform wird die Besteuerung von bebautem und unbebautem Grund und Boden aktuellen Wertentwicklungen angepasst. Das spiegelt ihr von Scholz erarbeitetes Basismodell wider. Das sieht vor, dass die Steuer für unbebaute Grundstücke sich künftig an einem Zeitwert orientiert, der von unabhängigen Gutachterausschüssen ermittelt wird. Bei Grundstücken mit Gebäuden darauf werden Mieterträge berücksichtigt, etwa in Form der Nettokaltmiete, ebenso wie die Lage des Grundstücks. Auf Druck insbesondere der CSU haben die Bundesländer die Möglichkeit, von diesem wertabhängigen Modell abzuweichen. Sie können sich für ein flächenbezogenes Modell entscheiden, wie das Bayern tun will. Möglich wird das durch eine Öffnungsklausel, die aber eine Änderung des Grundgesetzes nötig machte.

Festgesetzt wird die Grundsteuer weiter in einem dreistufigen Verfahren aus Bewertung der Grundstücke, einer Multiplikation der Grundstückswerte mit einer Steuermesszahl und einem Hebesatz der Kommune. Mit der stärker an aktuellen Werten ausgerichteten Steuerermittlung wird es als Folge der Reform zu Gewinnern wie Verlierern unter den Steuerzahlern kommen. Alle Beteiligten hatten sich im Vornherein allerdings darauf verständigt, dass es insgesamt nicht zu höheren Steuereinnahmen kommen soll. Aktuell bringt die Grundsteuer den Städten und Gemeinden, deren wichtigste eigene Einnahmequelle sie ist, jährlich gut 14 Milliarden Euro. Ob das Versprechen eingelöst wird, hängt maßgeblich von den Kommunen selbst ab. In ihrer Verantwortung liegt es nämlich, über den von ihnen festzulegenden Hebesatz sicherzustellen, dass die einzelnen Steuerzahler in ihrem Zuständigkeitsbereich nicht gravierend höher belastet werden.