In Niedersachsen sind aktuell 185 Schulleiterstellen unbesetzt, 41 davon im Oldenburger Land und in Ostfriesland. Ländlich gelegene Grundschulen sind am stärksten betroffen. Woran liegt es Ihrer Meinung nach, dass so viele dieser Führungspositionen nicht besetzt sind beziehungsweise besetzt werden können? Sind die Leistungsanforderungen zu hoch?

Tiedeken (54)Der Schulleitung einer Grundschule in der Größe der Gerbert-Schule stehen elf Stunden pro Woche für die Leitung der Schule zur Verfügung. Sie muss 17 Stunden unterrichten. Hinzu kommen Zeiten zur Vorbereitung des Unterrichts sowie Korrekturzeiten. Die Schulleitung trägt die Gesamtverantwortung. Gerade Schulleitungen an Grundschulen mit bis zu 180 Schülern haben sehr vielfältige Aufgaben, zu denen außer der Organisation des Schulbetriebs einschließlich des Ganztagsangebotes und Schullebens sehr viele weitere Aufgabenbereiche wie zum Beispiel Verwaltungsaufgaben, Personalführung und Elterngespräche gehören. Nichtsdestotrotz ist die Leitung einer kleinen Grundschule auch mit vielen positiven Erfahrungen und Aufgaben verbunden, unter anderem auch, weil der Rückhalt und die Unterstützung durch die Dorfgemeinschaft in hohem Maße gegeben sind.

Worin bestehen aus Ihrer Erfahrung die größten Schwierigkeiten und Herausforderungen für Grundschulleiter in der heutigen Zeit? Was muss ein Bewerber/eine Bewerberin mitbringen, um erfolgreich eine solche Bildungseinrichtung zu leiten?

TiedekenDie Schwierigkeiten liegen in der Anzahl der vielfältigen Aufgaben in Verbindung mit einer hohen Unterrichtsverpflichtung. Ein Bewerber/eine Bewerberin muss vor allem Idealismus mitbringen, eine gute Menschenkenntnis, ein gutes Einfühlungsvermögen und ein hohes Organisationstalent haben sowie belastbar sein.

Wie kann dem Problem der fehlenden Schulleiter denn entgegengewirkt werden? Müssen diese Führungsposten wieder attraktiver werden durch eine bessere Bezahlung oder größere Arbeitsentlastung und dadurch auch mehr Freizeit?

TiedekenMeiner Meinung nach ist die Arbeitsbelastung das größte Problem – nicht vorrangig die Bezahlung.

Sie leiten neben der Gerbert-Schule in Altenoythe auch kommissarisch die Grundschule Neuscharrel, die ja kurz vor der Schließung stand. Wie bewältigen Sie dieses Pensum?

TiedekenIch habe an beiden Schulen sehr engagierte Kollegen und Mitarbeiter, die hinter mir stehen, mich sehr unterstützen und Verständnis haben. An einem Tag in der Woche und bei Bedarf bin ich in Neuscharrel, ansonsten für die Neuscharreler Eltern und Kolleginnen immer telefonisch in der Gerbert-Schule zu erreichen.

Was macht für Sie den Reiz Ihrer Arbeit aus? Warum haben Sie sich für diesen Posten entschieden?

TiedekenBevor ich Schulleiterin wurde, war ich Konrektorin an einer großen Grundschule. Während dieser Zeit habe ich einen guten Einblick in die Aufgabenbereiche einer Schulleitung bekommen und wusste demnach, worauf ich mich einlassen würde. Ich gehe gern mit Menschen um, halte mich für belastbar und organisiere gern. Beides sind neben der Freude an der Arbeit mit Kindern wichtige Voraussetzungen.

Sebastian Friedhoff