Trondheim - Kinder schleifen blutige Rentierfelle durch den Schnee, schmeißen die Köpfe der Tiere in hohem Bogen in einen Abfallcontainer. Bei Facebook lösen die Bilder eines norwegischen Kindergartens in dieser Woche einen Proteststurm aus. Mit den Fünfjährigen haben die Erzieher einen Ausflug zu einer Rentierschlachtung gemacht. In Norwegen nichts Besonderes: „Das ist ein normaler Teil des Lebens“, sagt Kindergartenleiter Dag Olav Stølan der Deutschen Presse-Agentur am Freitag. In dem sozialen Medium hagelt es dagegen seitdem entsetzte Kommentare.

Die Pädagogen werden als Perverslinge beschimpft, eine Nutzerin schreibt: „Man sollte niemals Tiere vor den Augen von unschuldigen Kindern töten.“ Eine andere fordert gar die Schließung des Kindergartens. „Ihr seid doch krank im Kopf“, poltert ein Nutzer. Viele Norweger reagieren dagegen positiv auf den Ausflug mit pädagogischem Hintergrund: „Schön zu sehen, dass Kindergärten Kindern auch beibringen können, wo das Essen herkommt.“

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Den Kindern habe das Zusehen nicht geschadet, beteuert der Kindergarten. „Die erste Begegnung mit der Schlachtung fanden die Kinder etwas seltsam, aber es hat nicht lange gedauert, bis es ganz „normal“ war und die Kinder Felle, Füße und Köpfe aufgeräumt haben“, heißt es auf Facebook. „Zum Glück haben wir sichergestellt, dass Rudolf nicht geschlachtet wurde.“

Den Ausflug hätten die Erzieher mit den Kindern unternommen, damit sie etwas über das Leben der Samen, der indigenen Einwohner Nordskandinaviens, lernen könnten, meint Kindergartenleiter Stølan. „Ein zentraler Teil ihrer Kultur ist das Rentierschlachten, sie leben davon.“

Er verstehe aber, dass die Bilder bei manchen Menschen starke Reaktionen hervorrufen könnten. „Viele Menschen auf dieser Welt gehen einfach in den Supermarkt, um Fleisch zu kaufen, aber sie denken nicht darüber nach, wo es herkommt“, ergänzt Stølan. „Wir finden, dass es wichtig ist, Kindern das früh im Leben beizubringen.“

In Skandinavien ist es vielerorts normal, dass Kinder etwa in Zoos oder auf Bauernhöfen beim Schlachten oder Obduzieren von Tieren dabei sind. In Kopenhagen hatte das Töten und öffentliche Zerlegen des Giraffenjungen Marius 2014 allerdings einen Proteststurm in den internationalen Medien hervorgerufen. Wütende Tierschützer hatten dem Zoodirektor Bengt Holst sogar Morddrohungen geschickt. Der hatte aber an seinem Standpunkt festgehalten und sich gegen die „Disneyfizierung“ von Zootieren gewehrt.