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„Integra“-Programm in Wilhelmshaven Deutschkurs als Alltagshilfe für ukrainische Geflüchtete

Gemeinsam meistern (v. li.) Helena Overina, Deutsch-Dozentin im „Integra“-Projekt, Anastasia Kryshtop, Thierry Fiston Nshuti und Rostyslav Petrenko die Sprachbarriere.

Gemeinsam meistern (v. li.) Helena Overina, Deutsch-Dozentin im „Integra“-Projekt, Anastasia Kryshtop, Thierry Fiston Nshuti und Rostyslav Petrenko die Sprachbarriere.

Jade Hochschule/Mona Freiberg

Wilhelmshaven - Seit elf Monaten bestimmt der russische Angriffskrieg inzwischen den Alltag der Menschen in der Ukraine. Viele haben ihre Heimat verlassen, um sich in Sicherheit zu bringen. Einige sind auch in Wilhelmshaven angekommen, wo ihnen ein ansatzweise normales Leben ermöglicht werden soll – auch jenen, die ein Studium beginnen oder fortsetzen möchten.

Auslandssemester in Kiew abgebrochen

Für sie ist die Jade Hochschule in Wilhelmshaven mit dem International Office eine wichtige Anlaufstelle. Um gerade mit Blick auf die Verständigung Hürden zu meistern, gibt es das „Integra“-Programm, das zunehmend auch von Geflüchteten aus der Ukraine genutzt wird, um deutsche Sprachkenntnisse zu erlangen. Zu ihnen gehören auch Anastasia Kryshtop, Rostyslav Petrenko und Thierry Fiston Nshuti. Sie erzählen von ihrer Flucht und ihrem jeweiligen Neustart.

Nshuti kommt gebürtig aus Ruanda und nahm im August 2021 ein Auslandssemester in Kiew auf. „Wir wurden erst am zweiten Tag evakuiert und hatten große Angst“, erzählt er rückblickend. Mit dem Zug kam er nach Polen, reiste dann weiter nach Hannover. „Die Familie, bei der wir zuerst lebten, erzählte uns von der Jade Hochschule und der Möglichkeit, Deutsch zu lernen.“

Deutschkenntnisse helfen im Alltag

Das klappt mit „Integra“ bisher auch ganz gut. Der Kurs sei hilfreich, „weil ich mich so in die Gesellschaft integrieren kann. Wir lernen alles über die Kultur und das Alltagsleben.“ Inzwischen studiert Nshuti an der Jade Hochschule Elektrotechnik und möchte sich später gerne selbstständig machen.

Was dazu noch wichtig ist

Das Integra-Programm an der Jade Hochschule bietet studierfähigen Geflüchteten Unterstützung vor und während des Studiums. Es umfasst 24 Unterrichtseinheiten pro Woche.

Das International Office bietet bis zum 31. Dezember einen neu eingerichteten Deutsch-Intensivkurs für Geflüchtete an. Er richtet sich in erster Linie an Geflüchtete aus der Ukraine – unabhängig von der Staatsangehörigkeit – , die sich für ein Studium an der Jade Hochschule interessieren, steht aber auch allen anderen mit anerkanntem Flüchtlingsstatus offen.

Studierenden und Studieninteressierten soll so Orientierung auf ihrem Weg an die Hochschule und im Verlauf ihres Studiums gegeben werden.

Auch die Integration in Stadt und Hochschule soll durch verschiedene studienvorbereitende und -begleitende Kursangebote und Workshops erleichtert werden – und so den Studienerfolg erhöhen. Durch die Maßnahmen wird zudem eine Brücke zum deutschen Arbeitsmarkt geschlagen.

Gefördert und finanziert wird „Integra“ durch den Deutschen Akademischen Austauschdienst und das Bundesministerium für Bildung und Forschung.

Dass die erlangten Deutschkenntnisse auch im Alltag wichtig sind, erlebte Anastasia. Die zweifache Familienmutter nahm an einem Elternabend in der Schule teil – und konnte den Ausführungen dort gut folgen. „Am Ende kam ein Vater auf mich zu, der russisch spricht und fragte, ob er für mich noch einmal übersetzen sollte. Ich habe ihm erst einmal erzählt, was ich alles verstanden habe und er sagte mir, dass alles richtig ist. Das hat mich sehr gefreut.“

Neustart nach Flucht aus der Hauptstadt

Die 38-Jährige kam nach der Flucht mit ihrem Mann, ihren beiden Kindern und einem Hund ebenfalls in einer deutschen Familie unter, wo sie in erster Linie auf Englisch kommunizieren. Aber nach und nach kann sie immer mehr Deutsch sprechen. „In der Ukraine war ich 15 Jahre lang als Chefredakteurin im Fernsehen. Für mich ist es schwer, einen neuen Beruf zu wählen. Ich möchte jetzt Deutsch lernen und dann weiter in der Medienwelt arbeiten.“


Einen Neustart nach der Flucht wagt in der Jadestadt auch Rostyslav Petrenko. „Die Situation in der Ukraine ist sehr schlimm“, erzählt er. Zusammen mit seiner Mutter kam er mit dem Auto über Polen nach Wilhelmshaven. Mittlerweile ist auch seine Freundin hier angekommen. Studierte er in der Hauptstadt noch Software Engineering, hat er jetzt ein Studium in Projektingenieurwesen aufgenommen. Das Studium zwischen beiden Ländern unterscheide sich deutlich, so der 18-Jährige. In Kiew werde ähnlich wie an Schulen im Klassenverband unterrichtet, während er in Vorlesungen an der Jade Hochschule auf unterschiedliche Menschengruppen treffe. Hier fühlt er sich wohl. „Die Unterstützung ist beeindruckend. Ausländische Studierende werden herzlich aufgenommen und es wurden immer Möglichkeiten gefunden, uns zu unterstützen.“ Später möchte er hier ins Berufsleben einsteigen.

Michael Hacker
Michael Hacker Lokalredaktion, Wilhelmshavener Zeitung
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