Navigation überspringen
nordwest-zeitung
Abo-Angebote ePaper Newsletter App Prospekte Jobs Immo Trauer Shop

Übergewicht Durch Lähmung Bei 160 Kilogramm war Schluss

Wilhelmshaven - Stolz postet Dominik Kanisch auf seinem Instagram-Account eine Zahl. Eine digitale Anzeige, auf der 85,25 zu lesen ist. Für Außenstehende eine ganz normale Zahl. Für Dominik Ziffern, die sein Leben verändern.

Der 21-Jährige hatte einst rund 160 Kilogramm gewogen. 85,25 Kilogramm lautet nach einer Diät sein neues Gewicht. Nur durch Sport abzunehmen, war für Dominik keine Option: Der junge Mann sitzt seit seiner Geburt im Rollstuhl. Wenige Wochen nachdem seine Mutter schwanger wurde, habe es angefangen, erzählt er. „Die Nerven sind nicht mehr mitgewachsen.“ Seitdem ist er querschnittsgelähmt, hat ab dem Bereich der Oberschenkel kein Gefühl in den Beinen.

„Ich war nur am Essen“

Starke Gewichtsprobleme habe er in seiner Kindheit nie gehabt. Ab seinem zwölften Lebensjahr ging es dann aber los: Er kam in verschiedene Heime, der ständige Wechsel machte ihm zu schaffen. Irgendwann ging es für ihn in ein Betreutes Wohnen nach Wilhelmshaven. Und irgendwann fing Dominik an, immer mehr zuzunehmen. Wenn er sich Fußball-Spiele des SV Wilhelmshaven anguckte, waren Beleidigungen von anderen Fans nicht ausgeschlossen. „Da kamen dann manchmal blöde Kommentare“, erinnert sich Dominik.

Im Jahr 2013 zog der junge Mann einen Strich. 160 Kilogramm. Mehr durfte es nicht werden. Die Belastung war für seinen Körper nicht mehr tragbar. „Diese Sucht beherrschte mich. Ich war nur am Essen“, gibt er zu.

OP als letzte Rettung

Er entschied sich für eine Operation. Magenverkleinerung. Im Dezember 2014 war es so weit. Im Nordwest-Krankenhaus Sanderbusch unterzog er sich dem entscheidenden Eingriff. In der Zeit nach der Operation wurde Dominik beim Essen viel schneller satt, ein Brötchen reichte als Frühstück aus. Kein Wunder: „Mir wurden 80 Prozent des Magens entfernt.“ Innerhalb eines halben Jahres verlor er 60 Kilo. Der Gewichtsverlust war mit Schmerzen verbunden: Der Körper musste sich erst an den enormen Gewichtsverlust gewöhnen.

Blöde Kommentare musste er sich bei Fußballspielen jetzt nicht mehr anhören. Die Spieler des SV Wilhelmshaven zollten Dominik Respekt. Schließlich kennen sie ihren wohl größten Fan schon seit Jahren. Es gibt kaum ein Spiel, bei dem der 21-Jährige nicht dabei war, alle Höhen und Tiefen des Vereins hat er miterlebt. Selbst seinen Rollstuhl hat er fan-gerecht umbauen lassen. Die Schutzkappe über den Speichen ist eine Sonderanfertigung mit dem Logo des Vereins. Dominiks Zimmerwände sind im Wohnheim in Wilhelmshaven geschmückt mit Schals und Fotos der Mannschaft. Auch von seiner anderen Lieblingsmannschaft, von Werder Bremen, hängen Autogrammkarten eingerahmt über seinem Bett, jede einzelne Karte ist unterschrieben. Wenn Dominik anfängt, über Fußball zu reden, ist ihm die Hingabe anzumerken.


Dominik blieb dran, nahm immer weiter ab. Aber der Abnehm-Erfolg hatte einen Haken: Die Haut hatte sich nicht so schnell zurückbilden können und hing am Körper herunter. Im Sommer 2016 unterzog sich Dominik einer Bauchdeckenstraffung. 2,5 Kilogramm an Hautlappen wurden entfernt. Doch diese eine Straffung war nicht genug. Die Haut an Brust und Oberschenkel hängt nach wie vor. Das führt wiederum dazu, dass die Haut sich wund scheuert. Das Problem: Die Krankenkassen wollten die Kosten für die nächste Operation, im Gegensatz zur ersten, nicht übernehmen. Der Grund: Die Beschwerden mit der Haut seien nicht groß genug. Mehrere Ärzte klapperte Dominik ab, immer wieder wurde ihm eine Absage erteilt. Erst im November hatte die lange Suche ein Ende.

Nach einer weiteren Untersuchung in Oldenburg bekam Dominik grünes Licht. Die Wochen vergingen. Drei Wochen, vier, irgendwann waren es fast acht. Dominik zweifelte fast schon an der Freigabe. Dann die erlösende Nachricht: Am 20. Januar wird der 21-Jährige sein Vorbereitungsgespräch für die nächste Hautstraffung haben.

Zukunftspläne

Es ist nur einer von vielen wichtigen Schritten, die Dominik im neuen Jahr wagen wird. Seine Familie und der SV Wilhelmshaven sind ihm wichtig. Aber Dominik zieht es raus aus Wilhelmshaven. „Mich hält hier eigentlich nur noch meine kleine Nichte“, sagt er. Die Tochter seiner Schwester kam im vergangenen Jahr zur Welt. Auch sonst ist Dominik seine Familie wichtig. Ab und zu besucht er sie in Schortens. Nicht mit Bus oder Taxi, sondern so, wie er sich sonst auch fortbewegt: Mit dem Rollstuhl. Einige Kilometer seien das schon, sagt er. Für ihn ist die Strecke aber kein Problem. Er sei es schließlich gewöhnt.

Momentan arbeitet er bei einer Werkstatt für behinderte Menschen. Dominik möchte aber in Bremen eine Ausbildung im Büro beginnen. Die Erinnerungsfotos, die Vorher-Nachher-Vergleiche, wird er immer dabeihaben.

Auch das Foto, das er gemeinsam vor Kurzem bei einem Fotoshooting mit dem SV Wilhelmshaven gemacht hat. In der Mitte seiner Mannschaft ist er zu sehen. Er lächelt und streckt den Daumen nach oben. So, wie auf vielen weiteren Fotos, die er nach seiner Diät gemacht hat. Er zeigt damit nicht nur der Kamera, sondern der ganzen Welt: Dominik Kanisch hat viel verloren. Und genau das macht ihn zum Gewinner.

Verena Sieling
Verena Sieling Redaktion Wildeshausen
Themen
Artikelempfehlungen der Redaktion
Haben das Demokratiefest am 11. Mai in Schortens aus Sicherheitsgründen abgesagt: die Veranstalter (von links) Detlef Kasig, Axel Homfeldt und Wolfgang Ottens.

SICHERHEITSGRÜNDE Veranstalter sagen Fest für Demokratie in Schortens ab

Jever
Da hofften sie noch auf ein buntes Familienfest (von links): die Initiatoren von „Rock durch die Mitte“ Detlef Kasig (SPD), Axel Homfeldt (CDU) und Wolfgang Ottens (Grüne).

DEMOKRATIE-FEST IN SCHORTENS ABGESAGT Initiatoren sehen Sicherheit am 11. Mai gefährdet

Jeversches Wochenblatt
Schortens
Mit der Legalisierung von Cannabis für Erwachsene wird auch Jugendlichen suggeriert, dass Kiffen in Ordnung ist.

DROGENKONSUM BEI JUGENDLICHEN Die Reifung von Hirn und Emotionen bleibt beim Kiffen auf der Strecke

Anja Biewald
Oldenburg
Die Baskets Oldenburg um Alen Pjanic (links) können in der Tabelle klettern. Vechta und Wes Iwundu fehlen noch ein Sieg im Playoff-Rennen.

ZWEI SPIELTAGE VOR ENDE DER HAUPTRUNDE Das ist für Baskets Oldenburg und Rasta Vechta noch drin

Niklas Benter
Oldenburg
Der Herr der Zahlen bei Kickers Emden: Steuerberater und Vorsitzender Hendrik Poppinga.

WEGWEISENDE VERSAMMLUNG Wichtiges Zukunfts-Votum bei Kickers Emden – Mitglieder kommen Ende Mai zusammen

Lars Möller
Emden