Wildeshausen - Die Brombeer-Sträucher wuchern über das Gelände, an den Gebäuden wachsen Efeu-Ranken hinauf, verstecken sie teils komplett. Was an ein Märchen der Gebrüder Grimm erinnert, ist in Wildeshausen Realität. Noch. Denn das Grundstück der alten Lohgerberei mitten in der Stadt wird in der kommenden Woche aus seinem Dornröschen-Schlaf geweckt. Dieser dauerte zwar nicht 100 Jahre wie im Märchen – aber gut 50 Jahre sind inzwischen vergangenen, in denen das Grundstück sich selbst und der Natur überlassen wurde.
Im November 2022 hat der Wildeshauser Unternehmer Rolf Hilchner die Lohgerberei gekauft. Beim Rundgang über das rund 2100 Quadratmeter große Gelände berichtet er von seinen Plänen. „Ich freue mich, dass es am Montag endlich losgeht“, sagt der 66-jährige Investor.
Die Wildeshauser Firma Scheele Erdbau wird anrücken und zunächst die Hecken beseitigen. „Auch die Gebäude werden entkernt. Alles zusammen dauert rund vier Wochen“, schätzen Karsten und Maik Scheele, während sie sich auf dem Gelände umschauen. „Vieles wird wohl in Handarbeit passieren“, meint Sohn Maik und blickt in eine der engen Gassen.
Vielseitige Nutzung
Diese erinnern an das Schnoor-Viertel in Bremen – und genau daran will sich Hilchner orientieren. „Diese Kleinteiligkeit auf diesem Areal, mitten in der Stadt, ist einfach etwas Besonderes“, so der 66-Jährige. Gastronomie-Angebote, ein Garten-Café, Büroräume und auch eine Fläche für Events sollen entstehen – und zwar in und um die insgesamt neun Gebäude auf dem Grundstück. „Auch ein Keramik-Café kann ich mir gut vorstellen. Da kann beim Kaffee getöpfert werden. Ich kenne das aus Bremen, und das lockt vor allem viele junge Leute“, weiß Hilchner.
Start am Montag
Wenn die Firma Scheele die Gebäude im kommenden Monat freigelegt hat, wird sich der Unternehmer gemeinsam mit Architekt Stephan Damke und dessen Bruder, Landschaftsarchitekt Thomas Damke, zusammensetzen und in die Detail-Planung einsteigen. „Wenn die Sträucher weg sind, kann ich das Areal genau vermessen“, kündigt Stephan Damke an. Auch den Denkmalschutz wolle man für „Die Gerberei“ – so der neue Name – gewinnen. „Bis zum Jahresende wollen wir ein Konzept erarbeitet haben, Anfang 2024 sollen die Arbeiten dann beginnen“, stellt Hilchner die Pläne vor.
Baubüro einrichten
Dann kommen auch die historischen Pflastersteine aus Granit zum Einsatz, die schon auf dem Areal lagern und später auf rund 140 Quadratmetern in Gassen und Innenhöfen verlegt werden sollen. Firma Scheele hat diese im Zuge einer Baumaßnahme in Weyhe bei Bremen aufgenommen und nach Wildeshausen gebracht. „Karsten und Maik Scheele haben sofort an die Lohgerberei und die Sanierung gedacht – und die Steine für mich gesichert“, freut sich Hilchner über die Unterstützung.
Während der Umbauzeit – voraussichtlich drei Jahre – können sich Interessierte in einem Baubüro an der Huntestraße 34 über das Projekt informieren. „Uns ist es wichtig, dass wir die Bevölkerung mitnehmen“, betont Hilchner. Schließlich solle „Die Gerberei“ künftig auch ein zentraler Anlaufpunkt für die Öffentlichkeit werden. „Ich kann mir schon lebhaft vorstellen, wie die Menschen im Sommer im Innenhof sitzen, gemütlich bei Kaffee und Kuchen und mit einem Buch in der Hand“, so der Investor. Vielleicht liest der ein oder andere dann ja das Märchen Dornröschen bei einem Stück Brombeerkuchen…